Der Untergang

Wie es weitergeht, wollt Ihr wissen? Nun, eines morgens trifft uns ein Querschlaeger Assads und versenkt den Kahn mitsamt seinem kuemmerlichen Haufen verbleibender Insassen. Dort, wo die Fido Dido sinkt, verfaerbt sich der Ozean blutrot, und ich gleite durch einen unuebersichtlichen Strudel aus Treibholz und Leichenteilen, ueber mir schwirren seelenlose Geister, die tippen auf ihren Iphones, und die trinken Coca Cola, und die lachen unbekuemmert und singen die Charts, und ich huste blutiges Salzwasser und japse nach Luft jedes Mal aufs Neue, wenn wieder eine Welle ueber meinem Kopf zusammenschlaegt. Am lautesten lacht Luzifer, der sich in tausende kleine Teufel zerteilt hat, die sich nach Belieben zersplittern und wieder zu einem Einzelwerk zusammensetzen koennen, und waehrend er lacht, funkelt seine entstellte Fratze im schwarz gefaerbten Sonnenlicht, der Mund weit aufgerissen, der Schlund, zieht sich von einem Ohrlaeppchen zum anderen. Ein Orang Utan klammert sich an mein Bein, ich sag ihm, er soll mich loslassen, er ist zu schwer, und ich bin nicht stark genug, wenn er sich weiter festhaelt, reisst er uns beide in die Tiefe, und wir ersaufen wie die Ratten. „Aber wie kann ich loslassen? Ich kann doch nicht schwimmen. Mein Fell saugt sich voll, ich bin nicht gemacht fuer das Leben auf See, wie kann ich loslassen, wenn ich doch weiss, dass ich dann sterben muss?“.Lass mich los! Du bringst uns beide um! Ich schlage mein Bein hin und her und versuche ihn abzuschuetteln. „Lass das! Nach Hause will ich.“ Ruft er. „Bringt mich zurueck nach Hause. In meinen Dschungel.“ In was fuer einer Traumwelt lebst Du. Schmettere ich zurueck. Deinen Dschungel gibt es nicht mehr! Ausgebrannt haben wir den! Und eingetauscht haben wir den. Gegen Kautschuk- und Palmoelplantagen. Kannst Dich hoechstens unter einen Gummibaum setzen, wenn Du zurueckgehst, aber die Blaetter sind so klein, da wirst Du ganz nass, wenn es regnet, denn sie bieten keinen Schutz, und das fluessige weisse Gummi, das aus ihren Venen tropft, das aussieht wie Sperma, das in die Schalen aus Kokosholz tropft, die die Bauern an die duerren Staemmchen befestigen, das stinkt so erbaermlich, dass Du von dem Geruch erbrechen musst. Oder Du schwingst Dich durch die zombihaften Palmenwipfel der Palmoelplantagen, kannst Dich aber nur auf einer Hoehe schwingen, weil die Palmen naemlich alle gleich hoch sind, und alles ist schoen symmetrisch, wie eine Armee sind sie da aufgereiht, nicht so ein drunter und drueber, wie bei Euch damals im Dschungel, und Tiger gibts da auch nicht mehr, die Dich fressen koennen, denn die sind alle tot, aber am besten kaufst Du Dir Ohropax, denn die knatternden Motoren der Lastwagen lassen Dir Dein zartes Trommelfell zerbersten, und alle 30 Jahre musst Du Dir ne neue Plantage suchen, weil dann die alte niedergewalzt wird, und...„...Aber wie kann das sein?“ wimmert der Affe, und ich sage, das liegt doch wohl auf der Hand, das Palmoel brauchen wir, denn daraus koennen wir Bodylotions machen, die unsere Koerper in ewiger Jugend erstrahlen lassen. Und natuerlich fuer die Shampoos, die unserem Haar geschmeidigen Glanz verleihen, und fuer die Lippenstifte, die wir Frauen brauchen, um die Maenner mit unseren sinnlichen Schmollmuendern zu verfuehren, und fuer... „...Aber wie kann das sein?“ weint der Affe. „Warum badet Ihr nicht im Fluss des Dschungels, der Euch doch auch reinigt, dessen Wasser Euch doch auch verjuengt? Und warum ...“ Sei nicht schwachsinnig, sage ich und trete nach ihm. Bei uns, da gibt es keinen Dschungel. Und mit dem Palmoel, damit machen wir leckere Schokolade und wir machen Sonnencreme und wir machen Waschpulver und...ich trete nach ihm. Willst Du, dass wir in der Sonne verbrutzeln? Dass wir hungern, und dass wir stinken, sollen wir wie die Barbaren leben? Ist es das, was du willst? Ich trete nach ihm. Und uebrigens, deine Familie sitzt  jetzt in Kaefigen, da werden sie jetzt gehalten als Sexsklaven fuer deprivierte Plantagenarbeiter. Aber bitte schoen. Geh zurueck nach Hause. Ich lache veraechtlich und trete nach ihm. Und Luzifer lacht noch lauter. Und endlich laesst der Affe mein Bein los und ertrinkt. Ein Hoch auf das Schicksal, das mir so gnaedig ist und mein Leben ueber das des Primaten stellt. Ein Hoch auf die menschliche Spezies. Und waehrend der Affenkadaver in den Tiefen der fremden Welt versinkt, dringen markerschuetternde Schreie durch die Fluten, und die Wellen brechen mit einer Wucht ueber mir zusammen, die mir die Rippen bricht. Ein halbtoter Tiger treibt an mir vorbei, der war mal Boxer, und der sieht jetzt total nass und laecherlich aus, der versucht kurz, mich zu fressen, aber ich schuettel nur einmal mit dem Arm, und schon geht er unter.

 

Und ueber meinem Kopf, in der Luft, da spielen zwei Kinder, das eine ist ganz duenn und ausgemergelt, das kommt naemlich gerade aus dem Krieg, da wurde seine Familie zerbombt, und das ist ganz traurig deswegen, und muss nun betteln, damit es etwas zu essen bekommt, und das andere, das ist etwas dicker, aber das muss auch betteln, damit genug Geld fuer die Skireise dieses Jahr zusammenkommt und Luzifer lacht ueber dieses Schauspiel, und dann hoere ich auf einmal Remus Stimme, die ruft„Just follow your heart and u be save!“ Und ich lache und frage wie kann ich meinem Herzen folgen, wenn es zerbrochen ist? Und Angga ruft:“No problem, just follow the glowworm and u be save.” Und ich lache und frage, wie kann ich dem Gluehwurm folgen, wenn alle Lichter erloschen sind? 

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