Gestrandet

Ich erwache, da sich ein ungewohntes Gefuehl in meinem Koerper breit macht. Etwas stimmt nicht. Zunaechst kann ich es nicht deuten. Mit knochigen Fingern reibe ich mir das Salz aus den gelblich verfaerbten Augen und dann begreife ich: Ich bin gestrandet, an Land gespuelt, fester Boden unter den Fuessen! Es muss ein Traum sein, ein wunderbarer Traum, ich bete zu Gott, dass er mich nicht erwachen laesst, dass der Traum anhaelt, ein kleines bisschen nur, ein Traum von Hoffnung, Rettung, Leben. Die Schildkroete beisst mir den großen Zeh meines linken Fußes ab – wohl bekomms – verabschiedet sich in die Tiefen des Ozeans und wart fortan nicht mehr gesehen. Es ist kein Traum. Notduerftig wickele ich den letzten Fetzen von dem, was ich einst T-Shirt nannte, um die blutende Wunde, versuche mich aufzurichten, taumele, falle und schlucke etwas Sand. Als ich erwache ist meine Holzplanke verschwunden. Der Ozean gibt und nimmt. Mein Kopf haemmert, in meinem Rachen brennen abertausende Fegefeuer, dort wo einst mein Zeh war, hat sich eine feine Bluteiterkruste gebildet. Ich spucke ein paar Muscheln aus, schiebe mir eine handvoll Einsiedlerkrebse in den Mund, die mit ihren zweckentfremdeten Schneckenhaeusern geschaeftig ueber den weissen Sand schwaermen. Ich fuehle mich gestaerkt und begebe mich daran, das Eiland – wie ich hoffe dicht bevoelkert!!! – zu erkunden. Hallo! Hallo? Kraechze ich. Nichts. Meine Kehle brennt. Hallo? Ich bin allein. Das kristallklare Wasser vor mir wiegt seicht und tuerkisfarben, weiter draussen am Riff brechen tosend die Wellen. Durst! Wasser! Trinken! Meine Hand langt nach einer Kuhschaedel großen Muschel (weiss rosa schimmernd im gleissenden Sonnnenlicht), ich zerschlage eine Kokosnuss. Meine Knochen mahlen aufeinander, verursachen bei jeder Bewegung knirschende Geraeusche. Die warme suessliche Fluessigkeit laueft mir den Rachen hinunter, ich verschlucke mich, huste, spucke, trinke noch eine und noch eine und noch eine und noch eine. Ich weiss nicht wieviele es waren, ob 3 oder 30, doch nach einer Weile fuehle ich mich in der Verfassung klare (oder zumindestens halbwegs klare) Gedanken zu fassen. 

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