Flucht

Eine abgeschiedene Inselgruppe an der Grenze zu Myanmar, 60km von dem Festland entfernt. Einzig per Boot erreichbar von dem ausgestorbenen Fischerdorf Khuraburi aus. Zu 90% bedeckt von tropischem Regenwald, der an der Kueste vereinzelt von einsamen weissen Sandstraend durchbrochen wird. Umgeben von tuerkisfarbenen kristallklarem Wasser unter dessen Oberflaeche ein riesiges Korallenriff schlummert, das Schildkroeten, Regenbogenfischen, Whale Sharks...einen einzigartigen Lebensraum bietet. Abgesehen von einem Moken Dorf – Sea Gypsis – die von Fischfang und Muschelsuche leben, ist die Inselgruppe unbewohnt. Die Moken sind ein Volk, das die Naturgeister verehrt und Wald und Meer groessten Respekt zollt. Sie sprechen ihre eigene Sprache, in der es keine Schriftsprache gibt. Auf den Inseln befinden sich keine komerziellen Unterkuenfte. Campen ist moeglich. Mu Ko Surin. Never try never know...Lets give it a go. Ich versuche bei den zigtausend Travelagents, die sich an der Kuestenstrasse Ao Nangs die Haende reichen, die Art der Anreise in Erfahrung zu bringen. „What? Want to go Phuket?“ „What? Want to go Ko Lanta?“ “No. Surin? No.“ „Sorry, serve only Ko Phi Phi”“Khura Buri? What that?“ Nach einer Stunde komme ich zu dem Ergebnis: Keiner der hiesigen Travelagents hat bislang von der Inselgruppe gehoert, geschweige denn, hat Informationen ueber die Anfahrtsroute. Es gibt keinen Touranbieter, der die Insel bedient. „Sorry, dont know.“ Oh, welch Musik in meinen Ohren. Der liebliche Klang eines jeden „What you mean?“ laesst mein geschundenes Herz in aufgeregter Vorfreude etwas hoeher schlagen. Die Hoffnung kehrt zurueck. Ich fahre zum Busterminal und steige in den naechsten Bus nach Khuraburi. Von da wirds schon irgendwie weitergehen.

 

Ankunft 5 Stunden spaeter. Der Terminal doest einsam und verlassen in der Nachmittagshitze. Keine Menschenseele in Sicht. Auf der gegenueberliegenden Mauer sehe ich ein verblichenes Schild, dass sich mit einem letzten rostigen Nagel an die Wand klammert und wacker versucht der Schwerkraft zu trotzen. Hoffnungslos, meine Prognose. Auf dem Schild steht folgendes:„Surinisland. Tom & Am Tour. Call Mr. Tom.“ Kein Telefon. Ich folge den Pfeilen, die mich zur Hauptstraße leiten. Auf der anderen Strassenseite schlummert eine mitgenommen ausgesehene Holzbude vor sich hin. „Tom & Am Tour. Open 24 hours.“ Ich klopfe. Die Tuer ist verschlossen. Keiner zu Haus. Ich versuchs nochmal mit Aussitzen. Diesmal erfolgreich. Nur wenige Minuten spaeter kommt ein ganzkoerpertaetowierter langhaariger Thai (long hair long life) mit Sonnenbrille und Goldkettchen auf einem schrottreifen Mopped angeknattert. „You want something?“ Jo. Nach Ko Surin. Ausserdem brauch ich einen Platz zum schlafen. Gibts hier sowas? Und bist Du Tom? „Nee, Tom ist im Urlaub. Ich bin Tam und uebernehme so lange. No problem.“ Tam scheint mir ein korrekter Typ zu sein. Und er hat alles im Angebot, was ich benoetige. Boottickets, ein Dach ueber dem Kopf und ein Motorbikeride zum Faehranleger am naechsten Morgen. Dann lass mal sehen, die Huedde. In einer kleinen modrigen Seitenstraße neben einem kleinen modrigen Tuempel stehen ein paar kleine modrige Bambushuetten. Ein kleiner buckliger Greis, schwarz gebrannt, irrt etwas ziellos ueber das unwegsame Gelaende. „This is it.“ LOVELY. Abends. Ich putze Zaehne. Obacht! Da. Bewegt. Sich. WAS! Eine. MAUS! Uff. Agil und grazil. Zwaengt sie sich durch den Schlitz des Waschbeckens unterhalb des Wasserhahns, der dafuer vorgesehen ist, bei Verstopfung des Abflusses einer Ueberschwemmung vorzubeugen. Und laesst sich in meine Zahnpastaspritzer fallen. Sie rennt dreimal im Kreis durch das Waschbecken, zappelt und windet sich und drueckt und quetscht und dreht sich, und verschwindet nach gehoerigen Anstrengungen wieder durch den Schlitz, durch den sie ein paar Schocksekunden zuvor gekommen ist. Ich verschlucke mich an der Zahnpasta. Uff. Licht aus. Ich tu einfach so, als haette ich nichts gesehen. Und ich hab ja ausserdem auch ein Moskitonetz. Da kommt sie mit SICHERHEIT nicht durch. Ich meide einfach das Bad. 10 Minuten spaeter muss ich auf Toilette. Vorsichtig. Luke ich um die Ecke. Nichts. Vorsichtig. Luke ich ins Waschbecken. Nichts. Ok. Gut soweit. Ich lasse mich auf der Kloschuessel nieder. Rechts daneben sitzt eine faustgrosse Tarantel an der Wand. Braun. Haarig. Uff. Einatmen. Ausatmen. Back to nature...I suppose... Licht aus. Ich tu einfach so, als haett ich nichts gesehen. Und ausserdem...das Moskitonetz...und so. Je schneller ich schlafe, desto weniger kann mir passieren. Ist doch wohl so, oder?

 

Gut ausgeschlafen decke ich mich am naechsten Morgen mit Thunfisch und Toast und Thunfisch ein und begebe mich auf grosse Fahrt ueber den Ozean. Und dann? Leute, es ist wunderbar! Ein zarter Windhauch streicht mein Haar! Die Ueberfahrt erfolgt schnell und unproblematisch, und das was sich dann vor meinen Augen auftut ist so unbeschreiblich wundervoll, dass es mich all das Uebel, das mir in Krabi und Umgebung wiederfahren ist, mit einem Schlag vergessen laesst.

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