Mein Leben auf dem alten Kahn - erster Teil: Aufgeflogen.

So zurueck zu dem wilden Unbekannten. Zurueck zum Pier von Khuraburi. Zurueck zu dem Beginn meiner Abenteuer auf hoher See.

Hier kurz zur Auffrischung: "Und dann erhasche ich einen Blick in seine Augen, die sind so schwarz, wie die schwaerzeste Nacht, und in diesen Augen flackert das Feuer eines wilden Raubtiers auf der Suche nach Beute. Und in diesem Moment weiss ich: Ich habe keine Wahl. Ich muss auf diesem Kahn anheuern. Komme, was wolle. „Anheuern!“ Tam lacht veraechtlich auf. „Du bist ja bescheuert!“ Lach Du nur! Wir werden schon sehen! Wer hier als Letzter lacht! Ich verstecke mich in einem alten Reissack, und am naechsten Tag, noch vor Morgengrauen, stechen wir in See."

 

Der Smutje entdeckt mich zwei Tage spaeter, kurz vor dem Mittagessen, als er meinen Reisssack mit einem scharfen Messer aufschlitzt, und es haett nicht viel gefehlt, und er haett mir dabei die Kehle gleich mit aufgeschlitzt. Der Smutje sieht so aus, wie man sich einen Smutje vorstellt. Er hat den Koerperbau eines Sumoringers, seine dunkle Haut ist ueberzogen von einer immerfeuchten Schicht aus Schweiss und Bratfett. Er traegt abgewetzte graue Shorts aus duennem Stoff, die im hinteren Bereich, dort, wo er sich immer seine mit Essensresten verschmierten Finger abwischt, dunkelbraun verfaerbt sind. Ehrlich gesagt kann ich mich nicht entsinnen, ihn in meiner gesamten Zeit auf See jemals etwas anderes hab tragen sehen. Sein Haar ist kurzgeschoren, wie ich spaeter feststellen soll, das einzige Crewmitglied mit Kurzhaarschnitt. Sein Koerper riecht nach einer Mischung aus verdorbenem Fisch, altem Schweiss und Frittiertem. Seine Gesichtszuege lassen auf burmesische Herkunft schliessen, ich kann mich aber auch taeuschen. Bemerkenswert an ihm ist, dass er drei Brustwarzen hat. Seine Begeisterung, mich zu sehen, haelt sich zugegebener Massen in Grenzen. Wie er da so vor mir steht, aergerlich, fettleibig, breitbeinig, eine Hand in die Seite gestemmt, in der anderen ein gut 30cm langes Fleischermesser, gibt er im Grossen und Ganzen ein recht furchteinfloessendes Bild ab.

Was dann folgt ist ein extrem nerviger Akt, ich werde zum Captain geschleift, mit dem ich mich natuerlich nicht verstaendigen kann, es werden Krisensitzungen einberufen, im Rahmen derer diskutiert wird, wie weiter mit mir verfahren werden soll, denen ich natuerlich nicht folgen kann, und die Blicke der Crewmitglieder durchbohren meinen Koerper wie Speerspitzen. Nach langem Hin und Her entscheidet man sich, mich an Bord zu behalten. Damit hatte ich gerechnet, denn letztendlich bleibt ihnen keine grosse Wahl, ich schaetze wir sind mittlerweile gut 300 Seemeilen vom Festland entfernt, und man kann mich schliesslich schlecht ueber Bord werfen.

 

Es dauert eine Weile, bis man mich als vollwertiges Crewmitglied akzeptiert. Neulinge sind nicht gern gesehen, und Frauen schon gar nicht. Die ersten Wochen begnuege ich mich damit, Geschirr zu spuelen und das Deck zu schrubben. Waehrend ich stumm meinen Taetigkeiten nachgehe (an Bord wird generell nicht viel geredet), bleibt mir ausreichend Zeit, die einzelnen Besatzungsmitglieder etwas genauer unter die Lupe zu nehmen. Fortsetzung folgt...

 

Kommentar schreiben

Kommentare: 0