Something in the air...

Nachdem wir die ueblichen Langstreckenbusfahrtenqualen (Killerhitze, kotzende Sitznachbarn, luesternde Lustmolche, Motorschaden, Hahndrang, Schlaegereien und das Uebliche eben) erfolgreich ueberwunden haben, sind wir wieder im guten alten Marrakesch. An sich wollte Katherine nach Fes und ich wollte nach Tangeroute, hat irgendwie nicht hingehauen, drum sind wir nun wieder hier. Selbstredend kehren wir wieder in der guten alten Priscilla ein, die uns ja nun schon zur zweiten Heimat geworden ist. Die Handinnenflaechen von Heather the Feather leuchten in pastellfarbenen blaugruen Toenen. Die Schildkroete ist auch ein bisschen blau, weil sie leider das „frisch gestrichen“ Schild auf den 2m grossen Metallbuchstaben nicht gesehen hat. Heathers freier Geist ist mittlerweile so federleicht geworden, dass sie fuerchtet, bald fortgeweht zu werden. Auf dem Erdboden sitzt eine junge bruenette Hexe, die Tarotkarten legt. Meine Dachbekanntschaft Mohammad ist auch wieder am Start, und markiert mir in einer handgezeichneten Karte, wo sich in Marokko am besten nach Gold graben laesst. Es koennte alles so schoen sein.

Die Betonung liegt auf „koennte“. Denn dann fliegt die Tuer auf, und Laura schleppt sich ueber die Schwelle. „The Artist in Residence“ ist ein Schatten ihrer selbst, denn sie wurde soeben ausgeraubt und dann leider noch von einem Mopped ueberfahren. Obendrein kann sie unsere Nachbarn Cecile und ihre kleine Tochter nicht erreichen, die nicht zum verabredeten Zeitpunkt am verabredeten Ort erschienen sind. Man muss davon ausgehen, dass sie verschollen sind. Ich spreche ein paar aufmunternde Worte, muss dann aber los, weil ich am verhungern bin. Auf dem Weg zum Djma El Fna laufen mir die Vermissten in die Arme, sichtlich nicht auf der Hoehe, denn sie wurden ebenfalls gerade augeraubt, sind aber etwas besser dran, als Laura, denn sie wurden immerhin nicht vom Mopped ueberfahren. Ich begleite sie nach Hause, wo Heather voellig verstoert auf und ab laeuft, offenbar am Ende ihrer Kraefte. Jemand hat ihren Lavendel geklaut und obendrein hat sie auch noch ihren federnen Ohrring verloren, den sie vor Jahren von einem alten afrikanischen Scharmanen geschenkt bekommen hat. Sie braucht diesen dringend fuer ihre Heilungssessions, denn er enthaelt u.a. auch Eulenfedern, wie ich mir erklaeren lasse, eroeffnen diese dem Traeger Einblicke in die duesteren, unergruendlichen Teile der menschlichen Seele. Das Elend ist nur schwer zu etragen, drum verlasse ich die Homebase auf ein weiteres, diesmal auf der Suche nach positiven Vibes (vorsichtshalber ohne Geld, wie wir wissen treibt sich draussen eine marodierende Raeuberbande rum).

 

Und dann, ihr glaubt es kaum! Zwischen Schuhputzern und Saftverkaeufern, Wahrsagern und Leopardenfellen. Zwischen Scharmanen und uralten Buechern toxischer Pflanzenkunde. Zwischen Bettlern (maennlich, weiblich, blind, bucklig, verkueppelt, entstellt) und Strassenkindern. Zwischen dressierten Affen mit Oezil Trikot und Schachbrettschnitzern. Im gespenstischen Licht des guelden schimmernden Mondes, umhuellt von dem benebelnden Duft hunderter orientalischer Raeucherlaempchen – da seh ich ihn. Nein, das muss ein Irrtum sein. Aber doch! Er ist es! Es bleibt kein Zweifel. Da sitzt er, voellig in Ekstase, im Kreis essaouirischer Gnaoua Musiker, und schwingt sein Haar, wie im Trance, sein fettiges, eingehuellt in eine blaue Dejalaba, ja ein Local, aber nein, sieh genau hin, es ist kein Local, es ist SNAKE THE BLAKE! Und mit einem Male weiss ich, alles wird gut werden. Inshallah.

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