Weltfremd

Ich bin irgendwo im Antiatlas. In schwindelerregeder Hoehe folge ich den verwitterten Ueberresten einer alten Passstrasse, die sich, vom Tal aus unsichtbar durch das rote Gestein frisst. Ich durchwate ein versteinertes Meer glitzernde Kristalle, eine Zauberwelt, weit ab der Erde. Eine Milliarden Meter unter mir durchreissen titanische Schluchten die Felsmassen. Von Dattelpalmen bewucherte Oasenlaeufe schlaengeln sich entlang eingetrockneter Flusslaeufe. Die Voegel sind so zutraulich, als wuessten sie nichts von dem Leid dieser Welt. Neugierige Streifenhoernchen beschnuppern meine nackten Fuesse. Ich durchwandle verwunschene Bergdoerfer. Verschleierte Berberfrauen in schwarzen Gewaendern schweben elfengleich durch staubige Gassen. Exotische Stickmuster zieren ihren langen schwarzen Roecke, gueldene Perlen glaenzen im Sonnenlicht. Oh Du mystische, wundersame Welt. In geheimen Gaerten gedeihen Orangen und Feigen. In den Wipfeln der Granatapfelbaeume schimmern leuchtende Rubine. Ziegen durchstreifen die Olivenhaine, wenn ich nicht mehr kann, kauere ich im kuehlen Schatten der Arganien. Die Luft ist erfuellt vom suesslich blumigen Duft fremdlaendischer Gewaechse.

Ich durchquere verfallene Geisterstaette. Verwaiste Ruinen aus Lehm und Gesteinsbrocken. Reich der Djinns und Hexen und Schrecksen. Die Stille droehnt in einer Lautstaerke, dass ich mir die Ohren zuhalten muss. Oh Du tote, vergessene Welt.

 

Ich passiere Goldminen und Taeler aus Marmor, tiefe steinerne Hoehlen, an deren Waenden uralte Felszeichnungen von einer laengst vergangenen Zeit berichten.

Ich friste das Leben eines Frutarian (by the way, dem Obstler geht es gut Alhamdulillah, erst gestern hab ich ein Rauchsignal von ihm empfangen, er hat es tatsaechlich bis an die US-Amerikanische Kueste geschafft, allerdings einige hundert Meilen noerdlich von Hawaii, so dass er sich jetzt auf dem Landwege nach Sueden durchschlagen muss, um auf dem fruchtbaren Eiland wie geplant den grossen Traum einer eigenen Durianplantage wahr werden zu lassen) und ernaehre mich von dem, was Mutter Natur am Wegesrande fuer mich bereithaelt. Das Leben als Frutarian ist hart, beschert mir eine karge Mahlzeit, bestehend aus 4 mickrigen Feigen (offensichtlich gerade kein Erntezeit, ausserdem Madenzeit), einer unreifen Orange und 2 versaeuerten Granataepfeln (offensichtlich ebenfalls gerade keine Erntezeit).

Nach Stunden der Einsamkeit kreuzt ein Rudel Schakale meinen Weg, misstrauisch beaeugen sie meine Schritte (ich beaeuge ebenfalls misstrauisch), im stillen Einvernehmen kehren wir einander den Ruecken und hoffen einander nie wieder zu begegnen.

 

Abends verwandeln die mueden Sonnenstrahlen das Bergreich in eine rosarot leuchtende Maerchenwelt, so unwirklich und so wunderschoen, und auf einmal begreife ich, dass ich die Sagen aus 1001 Nacht durchschreite, und die Erde? Die Erde, die schwebt schwerelos durchs Universum, abertausende Lichtjahre entfernt von mir. Und als ich schon laengst vergessen habe, dass es irgendwo in einer fremden Galaxie, fernab von hier, ein Phaenomen gibt, das sich Zivilisation nennt, da passiert folgendes:...

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