Anpassung

Was hat sich so getan in den letzten Wochen? Nun, zunaechst einmal galt es, mit der so aeusserst unmarrokanischen Kultur warm zu werden (was bei naechtlichen Eisestemperaturen – Anm. fuer den landesunkundigen Leser: wir befinden uns hier in teilweise schwindelerregenden Hoehen, die zwischen 0m ue.n.N. und 4000m ue.n.N. schwanken/hoeher bin ich bislang noch nicht gekommen - natuerlich nicht ganz einfach ist). Meine wichtigste Investition bislang war somit eine gefuetterte graue Kapuzenjacke, womit die Herausforderung der Akklimatisierung weitestgehend ueberwunden werden konnte. Nun. Das Land der Inkas und Scharmanen, der Sonnengoetter und der Lamas, der Alpackas und des Ceviche, des Chicha und des Cumbia, ist nicht nur frostig kalt, sondern auch knallig bunt. In von Nebelschleiern verhangenen Andendoerfern leuchten kleine dickliche Andenfrauen, eingehuellt in neonfarben leuchtende Llicllas, regenbogenfarbene Jobonas, grellbunt bestickte Polleras. Unter farbenfrohen Monteras (ok, zugebener Massen sind die meisten schwarz) wachsen lange pinke geflochtene Zoepfe (ok, zugegebener Massen sind diese i.d.R. ebenfalls schwarz) und eigentlich sind die Frauen auch gar nicht dicklich, sie wirken nur so, weil sie unter den Polleras (Ueberrock) bis zu 10 Unterroecke tragen (wie die heissen, weiss ich nicht).

Keine Frage, ich muss mich da irgendwie anpassen. Meine Haare geben nicht viel her, das mit den geflochtenen Zoepfen kann ich getrost knicken. Mit den neonorangenen Schnuersenkeln meiner Converse (sind also doch noch zu was nuetze, die leidigen Schlappen) laesst sich jedoch punkten, ebenfalls relativ einfach zu haendeln ist das Schichtensystem – oder auch Zwiebellook genannt – leider hab ich jedoch nicht genug Klamotten in meinem Rucksack, um es auf 10 Schichten zu bringen. Allenfalls vier. Statt Hut trag ich Muetze – leuchtend gelb. Das Schmuckgeschaeft hab ich auf hiesige Sitten und Gebraeuche angepasst, ich stelle grellbunte Neonohrringe her, die auf eine begeisterte und mittelmaessig zahlungskraeftige Anhaengerschaft stossen.

Auch ansonsten geb ich adaptionell mein Bestes. Ich esse Cuy/Meerschwein (Achtung, diese andine Delikatesse ist nicht zu verwechseln mit dem laeppischen Hausmeerschweinchen, wie wir es aus dem Flachland kennen, das hochlaendische Meerschwein wird bis zu 5 kg schwer, farbtechnisch besteht es hauptsaechlich aus Creme mit Weiss, da Fleischkoerper mit dunkler Haut als unaesthetisch gelten), trinke Pisco Sour (aus gesundheitlichen Gruenden musste der Konsum jedoch voruebergehend eingestellt – naja, wollen wir sagen „reduziert“ werden) und haenge, wie es hier im allgemeinen Sprachgebraeuchchen ueblich ist, hinter jedes Woertchen ein vernietlichendes „chen“ (auf Spanisch „ita“) und so wird aus Bett dann eben Bettchen, aus Bus Bueschen und aus frueh fruehchen, und wie ich mich da so wortakrobatisch ueber die Huerden fremdlaendischer Sprachgebraeuche schwinge, komme ich mir mittlerweile auch schon vollkommen versuesslicht vor. Den Prozess der Versuesslichung unterstuetze ich, indem ich moeglichst viel suesses Zeugchen konsumiere, vorzugsweise Cocadachen oder Dulce de Leche oder Inka Colachen.

Neben dem never ending process der Selbstfindung im Nebel schleierhafter Sitten und Gebraeuche ist nebenbei auch noch so einiges Erwaehnenswertes geschehen. So traf ich auf nervengestoerte Papageien, verbrachte eine durchzechte Nacht mit Mitchuell the Spirituell, kam vom Cheesecake zur Englischklasse und unternahm blamierende Tanzversuche mit feurigen Kolumbianern. Nebenbei versuche ich das Schmuckgeschaeft zur Perfektion zu bringen.

 

Davon jedoch spaeter mehr, muss jetzt erstmal noch n paar mehr Schichten suchen, denn es ist kalt (und ich bin alt).

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