Wendepunkt. Oder: Regen bringt Segen

Und als ich schon denke, der Tag ist verloren, was so aetzend anfaengt, geht in der Regel aetzend weiter, da kommt so ganz ueberraschend unangekuendigt der erste Lichtblick: Im Bus stelle ich fest, dass mir fuer meinen Aufenthalt in meinem spirituellen Luftschloesschen pro Nacht offensichtlich nur 30 statt 40 Soles berechnet wurden, womit dieses der billigste und zeitgleich mit Abstand luxurioeseste Aufenthalt wurde, den ich bisher in meinem Reiseregister hab verzeichnen koennen.

Hinzukommt, dass ich der Koechin noch eines meiner schmucken leuchtend grellen Armbaender fuer ihren Ehemann hab andrehen koennen, macht das Ganze nochmal ne Runde ökonomischer. Jippi jo jippi yeah, so schoepfe ich also neue positive Energie, und beschliesse, dem Tag noch eine Chance zu geben. Waehrend der Busfahrt singe ich ein bisschen Cumbia und ein bisschen Reggaeton – je nachdem, was der Ipod gerade so hergibt, und siehe da, beim Verlassen des Busses berechnet man mir statt der erwartetetn 7 Soles nur 4. Wo ich ja nun in so kurzer Zeit so unheimlich viel Geld gespart habe, beschliesse ich mir zurueck in Cusco ein Taxi zum Hostal zu goennen. Vor mir haelt ein schrumplig vernarbetes Auto, am Steuer ein schrumplig vernarbter Fahrer, der folgendes bruellt: „Senora! Taxi?“ „Wie teuer zum Flying Dog?“ „4 Soles“ 4 Soles!!! Das ist mit Abstand das billigste, was ich in Cusco je fuer eine Taxifahrt bezahlt habe! Ich steige ein, und denke, wie bescheuert bin ich eigentlich, das ist hier natuerlich kein offizielles Taxi und der raubt Dich natuerlich gleich aus, die 4 Soles waren natuerlich ein Fangpreis. Und waehrend ich noch am ueberlegen bin, wie ich mich im Ernstfall am besten mit meinen zwei Taschen und dem 20 Kg Rucksack aus dem Winzfenster des fahrenden Taxis werfen kann, halten wir auch schon vor dem Flying Dog, wo – oh Wunder – mein Stammbett frei ist, und nicht nur das, nein, ich habe den gesamten Dorm fuer mich alleine.

Mittlerweile ist meine Stimmung Bombe, und es wird noch besser. Ich frage ganz vorsichtig bei meiner Stammwaecherei um die Ecke nach, ob es wohl vielleicht IRGENDWIE moeglich waere, heute noch vier Kilo Waesche von mir zu waschen, so dass alles heut abend fertig und trocken und blitzeblank ist. Ich habe naemlich echt gar nichts mehr zum Anziehen, erst recht keine Hosen, keine Pullover und Socken sowieso nicht (letztes Mal hatte mir der gute Mann erfreulicher Weise ein Paar fremde braune Socken zuviel mit rausgegeben, und selbst DIE sind mittlerweile dreckig). Und siehe da: No Problem. Vollkommen beschwingte flattere ich im Rausch des Gluecks hinab zum Busterminal, um mir fuer morgen frueh ein Ticket nach Puno zu kaufen, ich will naemlich zum Lake Titikaka, um mich mit eigenen Augen davon zu ueberzeugen, wie es damals zuging, als der alte weise Inkasonnengott seine heiligen Soehne nach unten auf die vertrocknete Erde geschickt hat, um die vertrocknete Menschheit zu retten. Liegt ausserdem auf dem Weg nach La Paz, wo der Kolumbianer auf mich wartet (Anm. wie mir zugetragen wurde, gibt es in La Paz allerdings seit geraumer Zeit kein Wasser, will heissen, man kann auch nicht Duschen, das macht das ganze natuerlich etwas weniger attraktiv). Auf dem Weg zum Busterminal gehe ich natuerlich davon aus, dass ich ueberfallen werde, denn meine Glueckstraehne kommt mir schon recht seltsam ungewohnt vor. Und siehe da, ich werde NICHT ueberfallen, und obendrein kostet die Busfahrt auch noch 30 Soles weniger, als erwartet, ich ergattere den letzten freien Sitzplatz und zwar im ersten Stock, erste Reihe, Fenster, und obendrein erwische ich auch noch einen Luxusbus mit Liegesitzen, DVD und Toilette. Drum goenne ich mir erneut ein Taxi zurueck zum Markt, wo ich zu Essen gedenke, und wie sollte es anders sein, erneut wird mir ein laeppischer Spottpreis berechnet. So kanns weitergehen, denk ich mir, und es geht: Auf dem Markt erspaehe ich Aji de Gallina (wollt ich schon immer mal probieren) fuer laeppische 5 Soles. Natuerlich rappelvoll, der Stand, drum setze ich mich brav in die zweite Reihe ohne Tische, aber nein, man winkt mich nach vorne in die Luxusreihe, wo gerade ein Platz freigeworden ist. Mit prall gefuelltem Magen und prall gefuelltem Geldbeutel walze ich zurueck zum Hostel, wo mir die Putzfrau, die ich seit einer ausgiebigen Runde Chicha am Nachmittag in vergangenen Zeiten zu meinen guten peruanischen Freunden zaehle, freudig mitteilt, dass sie mir spaeter noch eine gute Pulle guten peruanischen Joghurt vorbeibringen wird, damit ich morgen gutes Fruehstueck habe, denn ihr guter Mann, den ich mittlerweile ebenfalls zu meinen guten peruanischen Freunden zaehle, arbeitet naemlich in einer Joghurtfabrik.

Ich halte ein ausgiebiges Mittagsschlaefchen, und beschliesse vor dem Einschlafen, da ich ja nun foermlich im Geld schwimme, mir heut abend zum cusquenischen Abschied ein besonders grosses Glaeschen Pisco Sour zu goennen.

 

Das Nachmittagsfazit lautet:

 

„Regen bringt Segen“

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