Im Taxi. Oder: Grosser Spass in La Paz

Am Stadteingang wacht eine riesige Che Guevara Statue aus Altmetall. Den haben sie ja nun leider hier abgeknallt, jetzt gibt es ihn also nur noch aus Schrott. Es herrscht ein Verkehr, der einem Magenschmerzen bereitet. Und die Hupen! (wuensche mich zurueck nach Lima, wo Hupen verboten war). Am Strassenrand tummeln sich dicke bunte Indiofrauen mit Zylinder (oder wie man das hier nennt) und langen Zoepfen, die grummelig drauf sind. Eine Frau schleift einen weggetretenen Obdachlosen aus dem Strassengraben. Alte Maenner lesen die Zukunft auf Kokablaettern und indigene Hexen verticken getrocknete Lamafoeten und andere Zaubermittel, die man eben so braucht, fuer schwarze Magie.

Meine ersten drei Stunden in La Paz verbringe ich auf dem Ruecksitz eines vergreisten Taxis hinter dessen Steuer ein vergreister Fahrer sitzt. „Wohin?“ „3600 Hostal.“ Leider ist der Greis schwerhoerig, senil und orientierungslos. Weil er zahnlos ist, nuschelt er so schrecklich, dass ich ihn wirklich nur gaaanz schlecht verstehen kann. „hjksdihfnjkggrmm“ Hä? „djkajmdsbgpfff“ Ja, nee, keine Ahnung, wo das ist. Avenida Ecuador steht hier. Nummer 1982. Ecke Calle J.J. Perez.

Nach 45 Minuten Fahrt: „grmmppp“ Hä? „bmmmpf“ Nee, wir wollen nicht zur Calle Perez, Nr. 3600, wir wollen zum Hostal 3600, Avenida Ecuador. „mmkjdkfm“ Nein, ich weiss nicht, wo das ist.

Wir fahren ein paar Runden im Kreis. Der Verkehr macht mir Magenschmerzen. Und die Hupen! „ooompf“ Hä? „In Avenida Ecuador gibts keine Nr. 3600.“ Senor! Es ist so: Wir wollen nicht zur Nummer 3600, wir wollen zur Nummer 1982. Der Name des Hostals lautet „3600“.

Wir fahren ein paar Runden im Kreis. Die Hupen! Die Hupen! „mmmooppfm“ Hä? Nein senor, wieso denn nun Avenida 20 de Octubre? (Wie kommt der denn jetzt auf Avenida 20 de Octubre?!) Nein. Nicht Nr 1982, Avenida 20 de Octubre. Nr. 1982 Avenida Ecuador, Hostal „3600“. „ddddmmmpp“ Hä? Doch. Das Hostal gibt es. War gestern noch auf der Homepage.

Wir fahren ein paar Runden im Kreis. Ich flipp gleich aus. „Senor. Wie waer’s, wenn wir einfach mal jemanden fragen, wo das ist.“ Der Greis kurbelt die Scheibe runter und fragt einen besoffenen Penner am Strassenrand. Der hat keine Ahnung. „Gibt kein Hostal.“ Der Greis nickt wissend: „Sag ich doch!“ Doch.Das.Hostal.Gibt.Es. Wir fahren ein paar Runden im Kreis. Von diesem Gekreisel ist mir schlecht und schwindelig. Ich weiss kaum noch, wo oben und unten ist. Und die Hupen! Es ist so furchtbar fuerchterlich. „Mein lieber Mann, es bringt doch wirklich nichts, wenn wir nochmal 3 Stunden ohne Ziel durch die Gegend kreiseln. Funk doch mal die Taxizentrale an und frag die.“ „gtuuumpl“ „Mach schon!“ Er gehorcht: „Hallo! Ich hab hier eine voellig verwirrte Auslaenderin im Wagen, die kommt mit den spanischen Zahlen nicht klar, deshalb wissen wir nicht, wo wir hin muessen.“ Ist es zu fassen?! „...Ja, Hostal 1982, Calle J.J. Perez.“ Ist es nicht!!! „...Ja, ich sag ja, es gibt kein Hostal 1982...“ FREUNDCHEN! Ich bin kurz vor dem Nervenzusammenbruch. Von hinten groehle ich (in der Hoffnung, dass die Frau aus der Taxizentrale es hoert): „HOSTAL 3600! DAS.IST.DER.NAME. Die ADRESSE LAUTET: Avenida Ecuador 1982!!!! Ecke Calle J.J. Perez!!!“ Der Funkkontakt bricht zusammen. Wir fahren eine weitere Stunde im Kreis. Der Taxifahrer ist kurz vor dem Heulen und ich auch. Dieses elende Schicksal schweisst irgendwie zusammen. „BITTE...“ kraechze ich (mir ist schwindelig und schlecht und ich habe Durst und Hunger & halte dieses Gehupe nicht aus, „...bitte versuchs doch nochmal mit der Taxizentrale...“ Es geht noch eine Weile so weiter, letzten Endes, nachdem ich bereits den letzten Hoffnungsschimmer in einem tiefen schwarzen Loch begraben hatte (/auf dem Scheiterhaufen verbrannt hatte) erreichen wir unter strikter Funkanleitung durch die Dame aus der Taxizentrale das Ziel. Hostal 3600. Avenida Ecuador, Nr. 1982. Ecke J.J. Perez. MEINE HERREN.

 

Wenig spaeter holt mich der Kolumbianer ab, dank dem ich ja nun hier gelandet bin (er war zwischenzeitlich davon ausgegangen, dass ich einen Buscrash u.ae. hatte). Nee, nee, war nur der Taxifahrer und so naja egal. Wir zelebrieren die Wiedervereinigung in einer Pizzeria mit einer Flasche spottbilligem bolivianischen Weisswein, der so auf die Schnell erstaunlich gut runter geht. Das Erwachen am naechsten Morgen allerdings ist ein Inferno. Doch dann wird alles besser. Aber vorher berichte ich dann noch von der Kartoffel. Und von meinen Abenteuern auf der Isla del Sol. Und vom Dorf des Schreckens.

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