Praxisbericht Tag 1

Am naechsten Tag gibts uebrigens keinen Honig. Und auch keinen Kaffee (der letzte Rest Instant Coffee, den ich hinter dem Mopped in unserem Schuppen finden konnte ist ein harter gruener Klumpen). Und zu meinem Leidwesen stellt sich heraus, dass in den 10 mitgebrachten Crackerboxen keine Cracker sind, sondern Wuermer. Oder „lombrizes“ wie man auf Spanisch sagt. Entsprechend faellt das Fruehstueck mau aus, Alex hat ne Pulle Kokosjoghurt, die er grosszuegiger Weise mit mir teilt. Anschliessend verbringen wir den Morgen damit, unsere mitgebrachten Wuermer unter begeisterter Teilnahme der Dorfgemeinden in die umliegenden Komposthaufen einzugraben. Teil unseres nachhaltigen Oekoprojekts, das wir hier in den frostigen Anden zu implementieren gedenken. Wie ich (und die Campesinos) lernen, fressen die Lombrizes in den ersten 15 Tagen ausschliesslich Kot, allerdings nicht von Huhn und Schwein, besser ist Kuh und Schaf, den wir vorher mit der Hand zerbroeseln muessen. Anschliessend begeben wir uns auf den Weg bergabwaerts („Stefanie, este camino es el camino de la muerte“ – Stefanie, dies ist der Todespfad) nach Chamisa, wo es gilt, einen neu installierten Wassertank mit einem Pinienschutzwall zu bepflanzen. Deswegen haben wir auch ein paar Pinien mitgebracht, im Schnitt 10 Zentimeter hoch, aber in fuenf Jahren, so erlaeutert Ingeniero Francisco, werden sie eine richtig schoene natuerliche Schutzmauer bilden. Alex: „Stefanie, wiesst Du, wie man die Pinien schneller zum Wachsen bringt?“ Ne. „Man muss sie mit Antibabypillen duengen.“ Der Typ hat einen Knall. Ich sauge mir krampfhaft ein paar Interviewfragen fuer meine Reportage aus den Fingern („beschreibe doch mal den Tageslauf einer Bauernfrau in den hohen Anden“ und aehnlich tiefgruendig), Mario fragt, wer Lust hat, ein Bad in dem Wassertank einzunehmen. Alex zieht dem Dorfoberhaupt seine Steinschleuder aus der Hosentasche und beschiesst damit die wirr herumlaufenden Huehner, die wir im Rahmen eines Kleintieroekoprojekts in den Kommunen angesiedelt haben. Francisco haelt eine weitere Abhandlung ueber Wuermer und Alex erklaert mir, dass man in San Borja aus den Wuermen leckere Kekse herstellt. „Probieren wir, wenn wir in San Borja sind!“ Ein Campesino fragt mich, ob die Wuermer wachsen. Weiss ich doch nicht, denke ich und sage, „ja, sie werden noch ca. 3 cm laenger, wenn ihr sie gut fuettert.“ Nach der Mittagspause (es gibt Ei mit Reis und Kartoffeln) machen wir eine Pause und essen einen Sack Kokablaetter. Alex verkuendet, dass die Arbeit ohne Zigaretten und Alkohol nicht fortzusetzen sei, graebt ein paar Wurzeln aus und findet dabei eine alte Inkatonkanne. Ich schiesse ein paar Fotos. Dann streichen wir noch ein paar Pfosten in weisser Farbe und versuchen einen Stacheldraht anzubringen, was sich also blutiges Unterfangen rausstellt. Um 19:00 abends muessen wir zur Dorfversammlung, um die Fortschritte des Wurmwasserpinienprojekts zu diskutieren. Unerfreulicher Weise werde ich gezwungen mich vor gesammelter Mannschaft vorzustellen, verlaueft etwas holprig, ich stottere irgendwas von „Verehrte Brueder und Schwestern, companeros y companeras, ich komme aus dem fernen Deutschland, um der Welt von unserer grossartigen Arbeit hier zu berichten“, anschliessend treiben Alex und ich ne Pulle Singani auf und stossen auf den erfolgreichen Arbeitstag an. Dazu gibt es Tuetensuppe mit pikantem Beefgeschmack. Nachts traeume ich von Schlangen, die Menschen fressen.

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