Honig und das Dorf der maennermordenden Frauen

Da wir ja nun leider um 6:00 Uhr zum Pinienpflanzen antanzen muessen, stelle ich meinen Wecker auf 5:15. „Ey, was soll das?!“ Wir muessen aufstehen. „Bist Du bekloppt?“ Keine guten Morgenvibes, ich gehe mal Eiswasserkalt duschen. Ich komme wieder. Keiner ruehrt sich. Alex schlaeft, von Francisco keine Spur. Ich trinke Instant Coffee. Keiner ruehrt sich. Alex schlaeft, von Francisco keine Spur. Um 7:00 bewegt sich Alex ein bisschen, ich liege auf dem Bett und langweile mich und bin muede. Um 7:45 hupt Francisco vor unserer Tuer, Alex bequemt sich hoch. Im Auto: „Schlimm ists mit den Deutschen, die gesamte Nacht war Stefanie wach, und meinte wir muessen los, Pinien pfanzen. Seit 2:00 Uhr morgens ist sie auf und ab gerannt,kein Auge hab ich zutun koennen!“ So ein Schwachsinn! Um 8:30 pflanzen wir die vermaledeiten Pinien (in Eiseskaelte).

 

Und dann? Nun, ich hatte die Hoffnung ja bereits in einem kilometertiefen Loch verscharrt und ein paar Pinien drueber gepflanzt, aber heute, heute ist es endlich so weit! Es gibt: Honig! Und zwar in rauhen Mengen. Wir fahren auf der Todesstrasse nach Annanea, wo wir vor einiger Zeit eine Hand voll Bienenstoecke installiert haben. Heute bringen wir eine nigelnagelneue Zentrifuge aus La Paz mit, der Plan ist, dass wir die Dorfgemeinschaft in die Honigzentrifugentechnik einfuehren und anschliessend den Honig ernten. Auf dem Weg nach oben berichtet Francisco von dem Dorf der maennermordenden Frauen, dass sich hinter dem uebernaechsten Huegel auf der anderen Seite des Tals befindet. „Da gibt es nur Frauen. Wenn sich ein Mann naehert, wird er umgebracht und gegessen.“ Das klingt interessant. Warst Du schon mal da? „Natuerlich nicht!“ Kann ich da hin? „Kannst Du, aber der Weg ist weit, den findest Du allein nicht, dafuer brauchst Du einen Guide, und wenn Du mit dem Guide dort aufschlaegst, wird er umgebracht, und Du findest nicht zurueck.“ Ich halte es trotzdem fuer eine gute Idee, da mal im Sinne einer kleinen Feldstudie einen Abstecher hin einzulegen. „Und wisst Ihr, was das Schaerfste ist?“ Na? „Man munkelt, dass die Statue auf dem Plaza de Armas eine urinierende Frau darstellt.“ Das ist allerdings das Schaerfste...In Annanea erkundige ich mich nach der allgemeinen Akzeptanz des Bienenprojekts. „Hm. Geht so. Meistens stechen sie uns, und wenn sie uns nicht stechen, bringen sie unsere Kuehe und Schweine um.“ Das Ganze scheint noch nicht so ganz im Griff zu sein. Nehme ich mal nicht zu Protokoll. In einem kleinen Workshop erlaeutern wir die Zentrifugentechnik. Alex malt einen Bienenstachel in mein Notizbuch, Francisco meint, er weiss auch nicht, wie das Ding funktioniert:“Aber hey Leute, morgen will Stefanie in das Dorf der maennermordenden Frauen!“ Ich:“Ja, wenn es das denn gibt!“ Klar gibts das, da ist man sich einig, ein freiwilliger Guide findet sich leider nicht...Francisco beantwortet ein paar Fragen zum Honig, ich versuche zu folgen, Alex findet in der Schublade des Rednerpults ein Buch mit Stempeln („Guck mal, der hier mit dem Lama ist gut, oder der hier, mit dem Inka und der Blume Oh, den hier musst Du fotografieren, los, schiess ein Foto, das Design musst Du mir in einer Kette verarbeiten“). Im Anschluss an den Workshop versuchen wir uns an der praktischen Umsetzung des in der Theorie Erlernten. Fuer mich bleibt Gott sei Dank eine Schutzkleidung uebrig (die Bienen sind wirklich HOECHST aggressiv), muss nur leider mit einer Hand Fotos knipsen, der Rest stuelpt sich Plastiktueten ueber den Kopf und raeuchert sich mit Feuer ein. Am Ende verrecken wir fast an einer Rauchvergiftung, die Haelfte der Dorfgemeinschaft und das klaeglich verbleibende NGO Team bestehend aus Francisco und Alex sind aufs Uebelste zerstochen, die Kinder heulen. Dafuer haben wir Honig, und das ist die Hauptsache. Ich verschlinge eine komplette Wabe, danach ist mir schlecht und der verdammte Wachs verklebt mir die Zaehne und den Magen. Leider ist unser Dienstwagen nun auch rappelvoll mit aggressiven Bienen, die Fahrt auf der Todesstrasse wird also noch etwas moerderischer. Weiter oben in Macachamarca besichtigen wir die von uns eingefuehrte Huehnerzucht. Ich erkundige mich nach dem Stand des Projekts.„Hmm. Geht so. Jetzt gerade fressen die Huehner meinen Mais. Ansonsten haben sie Grippe und sterben.“ Nehm ich mal nicht zu Protokoll. Abends haben wir keinen Singani mehr und generell auch sonst nichts mehr zu trinken, ausser die Schlange, und ich WEIGERE mich, dass Ding anzuruehren. Wir essen Tuetensuppe mit mildem Haehnchengeschmack und – ACHTUNG: Ei!!! (haben wir aus Machacamarca mitgebracht). Weil wir sonst nichts zu tun haben schmieren wir uns je eine Hand mit irgendeiner chinesischen Weissmachercreme ein, um morgen zu testen, ob das Zeug tatsaechlich funktioniert. Des Nachts traeume ich: Gar nichts, kann naemlich nicht schlafen, weil Alex schlafwandelt und im Traum lautstark irgendwelche Geschichten zum Besten gibt.

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