Todesfahrt durch die gruene Hoelle, oder: GIFT

17:57: Ich wate in der Rio Beni

17:58 Ich kralle mich an einem der vorbeitreibenden Baumstaemme fest.

18:00 Ich lasse mich davon treiben & die Piranhas springen hoch, und ich will sie fangen und fressen, bevor sie mich fangen und fressen. Ich bin ein Indianer, darum hau ich mit der Machete tiefe Wunden in den Suebracho Amarillo, den Baum, dessen weisses Blut so GIFTig ist, dass ich damit – in kleine Baellchen geformt – den gesamten Schwarm verrecken lassen kann, aber ich hab nicht aufgepasst, und ich reibe mir die Augen, und kann nichts mehr sehen, ueberall GIFT! Und die Krokodile sind 6 Meter lang und reissen ihre Maeuler auf, denn sie wollen Menschenfleisch fressen. „Nehmt meinen Fuss!“ schreie ich. Mit 100 Knoten rase ich durch die gruene Hoelle. Die Augen der Baeume beobachten Dich, und es sind Spinnen, Augen von Spinnen, die in den Baeumen wachsen, die warten nur darauf, Dir ihre spitzen stinkenden Beisser in Dein Fleisch zu hauen,um Dich zu verGIFTen, denn sie sind so GIFTig, dass du dich, einmal gebissen, eine Woche vor Schmerzen windest und Dir wuenscht, Du waerst niemals geboren worden. Tennisballgrosse Kaefer kriechen ueber meine Beine, stecknadelgrosses Ungeziefer, halb Mosquito, halb Made, bohrt Loecher in meine Haut, die zwischen meinen Zehen zu faustgrossen tumorartigen Geschwulsten heranwachsen, in dessen Inneren sich eine fette schwarze Larve windet, die da Millionen von kleinen Eiern ablegt, in denen weitere Millionen von kleinen Larven gedeihen. Ein stacheliges Gewaechs winkt mich heran, aus dessen Stamm spriessen tausende und abertausende kleine Speerspitzen und Degen und Messer: „Komm naeher komm naeher, pflueck Dir eine meiner Dornen, damit kannst Du Dir die Larven aus den Zehen schneiden!“ Aber weil ich ein Indianer bin, weiss ich, dass das eine Falle ist, denn die Dornen sind vollgepumpt mit GIFT, die benutzt unsereins naemlich, um Affen und Fledermaeuse und Minitiger mit verGIFTeten Pfeilspitzen abzuknallen, und das Teufelsgewaechs wartet nur darauf, mir mit einer seiner tueckischen Stolperwurzeln ein Bein zu stellen, damit es sein GIFTstacheln in meinen geschundenen Koerper rammen kann. Aber nicht mit mir! Ich sehe Palmen, die auf Stelzen gehen („komm, spring auf, wir tragen Dich hier raus“), aber ich trau Ihnen nicht. Und dann sehe ich eine Schnecke, die sich an meinen Baumstumpf saugt, die so gross ist, wie ein kleiner Kuerbis, sowas Schoenes, denke ich, da hab ich einen Freund gefunden, doch dann„GIFT!“ schrillt es in meinen Ohren, „fass das nicht an, oder der milchige SchneckenGIFTschleim verGIFTet Dich!!!“ Auf einmal schallt ein ekelhaftes Gelaechter durch die Luefte, das hab ich irgendwo schon mal gehoert, und als ich durch einen milchig schummrigen halb verblindeten Schleier nach vorne blicke, erkenne ich die Umrisse von: Luzi, Kapitaen und Steuermann meines Baumstumpfes, auf dem Rio Beni, der jolt „Geile Fahrt!“, und wir beschleunigen noch etwas. Offenbar will er im Fluss nach Gold suchen, und das ueber die Grenze nach Peru schmuggeln, wo er es zu verfaelschtem Inkaschmuck verarbeiten und an reiche Touristen verticken will. Wir brettern durch den Schlund einer Anakonda, die ist 20 Meter lang, und auch sie will Menschenfleisch fressen, aber wir haben zu viel Fahrt, drum rauschen wir auf dem Baumstumpf durch ihre stinkenden Innereien, wie in einer vermoderten Wasserrutsche, und am Schwanzesende schnellen wir wieder hinaus, und die Schlange wundert sich, wieso sie ein Loch im Schwanz hat, sowas ist Ihr auch noch nicht passiert. Und ich widerum wundere mich, warum es immer noch stinkt, obwohl wir ja nun schon wieder raus sind aus den Schlangengedaermen, nach modrig Verottetem. Waehrend sich eine Schlingpflanze um meinen Hals windet, um mich zu strangulieren, folge ich mit den Augen meiner Nase, und da winkt mir doch tatsaechlich der Obstler zu, der in einem hausgrossen Spinnennetz haengt, und da nicht mehr rauskommt. Er reckt den Arm aus, nach einem Klumpen roter Dschungelkirsche, den die Spinne ebenfalls gefangen hat, aber er kommt nicht ran. Im Windeshauch wiegen sich die Blaetter des Arbol del Diabolo, des Teufelsbaums, die mir bedeuten, naeher zu kommen. Aber auch die koennen mich nicht taeuschen, denn wir Indianer wissen, sie sind moerderisch GIFTig, wenn Du sie beruehrst, brennen sie Dir in Sekundenschnelle ein schwarzes Loch in Deine Haut, und der Schmerz, den sie verursachen, der ist so unertraeglich, als wuerdest Du von 8 Bunas gleichzeitig gebissen.

Um meinen Kopf schwirrt ein faustgrosses Insekt, blaeulich schimmernd, mit einem Stachel im Hintern, der so gross ist, wie ein Fleischermesser. Und gerade, als ich ihn platt hauen will, da erscheint das Gesicht von Rolandos Grossvater vor mir, der laechelt weise und sagt „Halt ein, und lass ihn am Leben! Hoer zu, ich erzaehl Dir eine Geschichte, ueber das Insekt, den „Amigo del hombre.“

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