Wie es weiter ging in Santa Clara- oder: Santa Clara: Ort ohne Wiederkehr

Eh wir es vergessen, und bevor ich berichte, was mir in dem Geisterdorf tagsueber fuer Ueber- und Untersinnliche Begegnungen ueber und unter den Nebelpfad gelaufen sind, muss zunaechst erst nochmal der alte Faden aus Santa Clara weitergesponnen werden. Wo waren wir stehen geblieben? Ich wiederhole: „Ich hab die Munition der Schreckschusspistole mit einem Faden versehen, dann hab ich den Faden um den Zahn gebunden und KNALL ZACKabgedrueckt und raus war der Zahn.“

 

Der Weg nach Santa Clara dauert laenger als geplant, weil Alex bei jeder der Millionenfachen Parasitenpflanzen anhaelt und „guck hier!“ schreit. Das ist das Signal, dass man stehen bleiben muss, und sagen muss „oh wow“ und dann muss man ein Foto schiessen (das man spaeter ohnehin wieder loescht)...Der „Weg“ ist ein nicht zu unterschaetzender Stolperbergssteigerpfad, in der Regel gibt es kein Durchkommen, und wenn es Durchkommen gibt, liegt es daran, dass es am „Weges“rand (der Weg an sich ist schon ein Rand) so steil bergab geht, dass dort nichts mehr wachsen kann. „Sieht mir so aus, als waer hier seit Jahrzehnten keiner mehr lang gekommen...“ „Ja, das liegt an den Baeren und den Leoparden, vor denen fuerchten sich die Leute.“ Nun Gut. Irgendwann erreichen wir tatsaechlich Santa Clara, auf dem Weg dahin passieren wir noch Coyabamba, wo wir ebenfalls ein paar Projektteilnehmer haben, allerdings ist keiner zu Hause, ausser einer Schafshirtin, die verkuendet, dass sie am Markt NICHT teilnehmen wird. Von einer Nachbarin wisse sie, dass die ihr Meerschwein zu „Auststellungszwecken“ zum Markt bringen werde, dann aber wieder mit nach Haus nehmen werde. Nehme ich nicht zu Protokoll. In Santa Clara allerdings gehts hoch her, es gibt – Achtung – ein R-E-S-T-A-U-R-A-N-T, und – ACHTUNG: K-A-F-F-E-E! Das Restaurant gehoert der Projektverantwortlichen im Dorf, sie werde morgen NICHT zum Markt kommen, erstens seien alle ihre Meerschweine tot (gibts fuer uns also auch nichts zu piercen) und zweitens habe sie im Restaurant genug zu tun (im Schnitt ist mit 2 Gaesten pro Tag zu rechnen). Wir verweilen ein Weilchen im Restaurant, in der Glotze laeuft Moby Dick, und 4 Stunden spaeter kommt tatsaechlich eine Dame mit 20 Eiern vorbei, was widerum Arbeit bedeutet. Wir putzen Eier (wird zu Protokoll genommen und fotografiert), danach hauen wir einen Stempel „Asocacion Santa Clara“ drauf. Das macht Alex mit so peinlichst uebelsterregender Genauigkeit, dass es nicht zum Aushalten ist. Dann versuchen wir zurueck nach Tapila zu kommen. Fussmarsch sind nochmal 4 Stunden, das geht nicht, wir sind zu erschoepft, ausserdem lauern nachts am Wegesrand irgendwelche menschenfressenden Reptilien, wie man mir mitteilt, und es ist bereits dunkel. Wir muessen also auf ein vorbeifahrendes Auto warten. 3 Stunden passiert nichts. Dann kommt ein betrunkenes Kind vorbeigefahren, dass allerdings nur zur naechsten Mine faehrt. Darueber bin ich nicht so ungluecklich, denn die Strasse von Santa Clara nach Tapila ist die toedlichste aller Todesstrassen, da warte ich lieber auf was besseres. Das „bessere“ ist allerdings eine Illusion, die sich nach und nach in Dunst und Nebel aufloest. 1,5 Stunden spaeter kommt ein Paaerchen – ich korrigiere: Mutter und Sohn – vorbeigecruist. Allerdings in die entgegengesetzte Richtung. Man nehme uns gerne mit, wenn wir zufaellig unser Ziel aendern wollen. Verlockend, allerdings ist der Sohn (und Fahrer) ebenfalls so was von sternhagelvoll, dass er sich nur noch mit Muehe auf den Beinen halten kann. Aussederm muessen wir morgen um 5:30 auf dem Markt antanzen, wir lassen sie also passieren. Dann passiert eine lange Weile wieder: nichts. Das Ganze ist an Peinlichkeit mal wieder kaum zu uebertreffen, es ist naemlich mittlerweile 23:00 Uhr, und es ist offensichtlich, dass die Restaurantbesitzerin alles dafuer geben wuerde, uns endlich los zu werden (um 21:00 Uhr wurden bereits die Schotten dicht gemacht). Irgendwann faellt uns ein, dass Francisco heut mit dem Dienstwagen UND Fahrer eintreffen wollte, den rufen wir also an, dass man uns abholen moege (in Santa Clara gibt es naemlich absolut wirklich gar keine Schlafmoeglichkeit). Franciscos kollegiale Antwort ist Folgende: „Jo, das Auto ist da. Nein. Schicke ich Euch nicht. Chao.“ Alex brodelt vor Wut ueber, und raucht eine Packung Zigaretten, um sich zu beruhigen. Ich trinke ein paar Schlueckchen Sake. Nach einigem Hin und Her bringen wir die Nummer des Fahrers in Erfahrung. Wir rufen ihn direkt an, jo, no prob, er komme vorbei.

 

 

Und eh wir’s uns versehen, da befinden wir uns in der Hoelle von Tacacoma.

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